Tobias Sammelsurium der Woche #42/2024

Diese Woche habe ich ein paar Tage in Dublin verbracht. Eine Stadt mit durchaus rauem aber äußerst liebenswürdigem Charme. Vor allem aber mit unfassbar freundlichen Menschen. 6 Millionen Menschen leben auf der grünen Insel, die ungefähr so groß ist wie Österreich. Allein Nordrhein-Westfalen hat dreimal so viele Einwohner. Da sind manche Dinge nicht ganz so luxuriös wie bei uns. Das Stadttheater der Weltmetropole Remscheid hat einen bequemere Bestuhlung als das Nationaltheater in Dublin. Während wir hier über Wärmepumpen und energetische Gebäudesanierung diskutieren, riecht es in Dublin an manchen Stellen noch nach Kohleöfen und die Fenster sehen erstaunlich oft nach Einfachverglasung aus. Wir Deutschen machen es ja sehr gerne sehr richtig und wehe jemand hat eine andere Definition von richtig, dann klatscht es – aber keinen Beifall.

Am Tag nach der Rückkehr musste ich in einem sehr kleinen, sehr lieblosen Kiosk ein DHL-Paket einsammeln. Beim Kunden vor mir war scheinbar die Benachrichtigungskarte nicht ganz richtig. Statt der Hausnummer 20 stand dort die Hausnummer 2. Die Fachkraft für Paketausgabe suchte also vergeblich. In einer Tour schimpfte sie über DHL, diesen »Drecksladen«, die Paketfahrer*innen, die zu blöd seien die Benachrichtigungen richtig zu schreiben und vermutlich auch über die muffige Höhle, die sie dort als Geschäft (hinter gutem Isolierglas) betreibt. Bestimmt fünf Minuten dauerte es, bis das Paket gefunden war. Danach war ich wieder reif für Dublin. Manchmal muss man ja weggehen, um zu erkennen, wo die Probleme wirklich liegen. Ein nicht unerheblicher Teil hierzulande dürfte nicht an Wärmepumpen und PV-Anlagen hängen, sondern an etwas, das man ohne KfW-Kredit haben kann: aufrichtige Freundlichkeit. Vielleicht sollten wir ein deutsch-irisches Austauschprogramm auflegen. Als Gastgeschenk könnten ja ein paar Wärmepumpen mit auf die Insel nehmen.

Dir ein irisches Wochenende!
T.

Post der Woche

Fünf fürs Wochenende

Wonders in the Sky

»Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; aber sie zeichnen die schönsten Schwarmbilder am Firmament.« Ganz genau so, stand es möglicherweise nicht in der Bergpredigt. Wäre aber sachlich völlig richtig, wenn man dieses Video sieht. Die Natur bleibt das größte aller Wunder.
»  To the left, to the right

Wie lange braucht es die Menschheit auszulöschen?

Gut, dieser Link ist zugegebenermaßen ein Stimmungskiller. Aber er verdeutlicht wie wichtig ein weltweites Verbot von Atomwaffen ist und wie gerechtfertigt der diesjährige Friedensnobelpreis für die japanische Anti-Atomwaffen-Organisation Nihon Hidankyo ist. Man könnte schwermütig werden beim Lesen dieses Interviews mit der Investigativjournalistin Annie Jacobsen, die den Atomkrieg-Ablauf mit der Hilfe von Top-Militärs recherchiert hat. Andererseits wird auch klar, ein Atomkrieg wäre kurz, unwiderruflich und endgültig. Wäre wohl doch besser es käme niemals dazu.
» Antwort: Ungefähr drei Stunden

Remake

Dieses Projekt ist mittlerweile 13 Jahre alt und hat nichts an seinem Reiz verloren. Jeff Hamada lud Künstler*innen ein, berühmte Kunstwerke der Geschichte, egal ob Gemälde, Skulptur oder Fotografie nachzustellen. Einzige Bedingung: Das Imitat musste ein Foto sein. Die Community ließ sich nicht lange bitten und so kam es zu wirklich witzigen, detailgetreuen und eigenständigen Kunstwerken. Das Gemälde vom Sturm auf die Bastille, das Selbstporträt van Goghs, Werke von Frida Kahlo – es ist eine Reise durch die Epochen und Stile.
» Imitiate, Imitate, Imitate

Höher, schneller, weiter: Human-Edition

Hohe Gebäude faszinieren die Menschheit schon immer. Vom Turmbau zu Babel bis zum Burj Khalifa – wir wollen hoch hinaus. In Spanien, genauer gesagt in Tarragona, gibt man der ganzen Sache noch einen eigenen Twist. Hier baut man die Türme aus Menschen. 40 Teams treten dabei gegeneinander an und die Bilder die dabei entstehen sind verdammt beeindruckend.
» Nix Räuberleiter

Rollbrett-Artistik

An der Kirche, neben der ich groß geworden bin, hing vor über dreißig Jahren ein Schild, dass das "Rollbrett fahren" verboten sei. Das war eine so unsäglich peinliche Formulierung, dass ich schon als Grundschüler darüber lachen musste. Das Rollbrettfahren selbst hat mir eine der größten sportlichen Niederlagen meines Lebens beigebracht. Beim ersten Versuch, Longboard zu fahren, habe ich mir derart gekonnt einen Muskelfaserriss zugezogen, dass ich es nie wieder versucht habe. Die Hipster-Karriere war zu Ende, bevor sie begonnen hatte. Ins japanische Fernsehen wäre ich also nie gekommen. Dort gibt es die Skateboard-Show »Kasso« und deren Parcours sind ebenso crazy wie unterhaltsam. In Japan liebt man halt die Herausforderung in Kombination mit Schadenfreude.
» Rollbrett fahren ohne Muskelfaserriss


Damals geschrieben

#42/2023: Die Input-Insolvenz. Das Dopamin-Äffchen.
#42/2022: Der Mantel der Geschichte. Das Kopftuch.

Gedanke der Woche

»A woman needs a man like a fish needs a bicycle.«
Irina Dunn

Bild der Woche‌‌‌‌

Frage der Woche

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