Tobias Sammelsurium der Woche #39/2024

Nach einem wahrscheinlich allerletzten Sommerwochenende schaute ich Anfang dieser Woche aus dem Fenster und musste an Forrest Gump denken. Der sagte über seine Zeit in Vietnam: »Wir haben jede Art von Regen erlebt, den es gibt. Kleiner, stechender Regen … und großer, fetter Regen. Regen, der seitlich hereinflog. Und manchmal schien es sogar direkt von unten zu regnen.« Ja, so war es diese Woche hier auch.

Neben dem physischen Regen gab's diese Woche auch einiges an psychischem Regen. Der Grünen-Vorstand kam vom Regen in die Traufe und verabschiedete sich daher lieber ins Trockene. Verantwortungsvoll haben sie das genannt. Die Commerzbank fühlt sich von ihrem wichtigsten Aktionär, der Bundesrepublik Deutschland, im Regen stehen gelassen und bei VW säuft gerade eine ganze Marke ab. Das regenbedingte Elbe-Hochwasser war schlimm, dankenswerter Weise aber nicht so schlimm, wie befürchtet. Am regnerischsten wurde es in meiner Seele allerdings gestern, als ich die Bilder aus dem Thüringer Landtag sah. Wie diese demokratieverachtende Karikatur eines »Alterspräsidenten« durch die Sitzung stolperte ist weder mit Wut noch mit Fremdscham auszuhalten. Cry me a river.

Egal ob der Regen nun von oben oder von innen kommt, es muss ja weitergehen. Doch wie, fragt man sich vielleicht. Es gab eine Zeit, die für solche Momente den Stoff produziert hat, aus dem der Trost entsteht: Die 1980er. Es waren Jermaine Jackson und Pia Zadora, die in weiser, geradezu prophetischer, Voraussicht vor genau 40 Jahren produzierten, was diese Welt jetzt braucht. Die Dosierung laut Packungsbeilage beträgt volle Lautstärke und völlig enthemmtes Mitsingen, mindestens des Refrains. Also jetzt hier klicken und dann alle:

And when the rain begins to fall
You'll ride my rainbow in the sky
And I will catch you if you fall
You'll never have to ask me why
And when the rain begins to fall
I'll be the sunshine in your life
You know that we can have it all
And everything will be alright

Dir ein trockenes Wochenende!
T.

Post der Woche

Fünf fürs Wochenende

Klemmbausteinwelten

In meiner Vorstellung war Rocco Buttliere ein Vater, dessen Kinder zum Studium ausgezogen sind und der beim Aufräumen auf dem Dachboden Kisten voll Lego gefunden hat. Aus Nostalgie und weil das Haus so leer geworden ist, fängt er an seine eigenen Welten zu bauen und die werden, nun ja, ein wenig größer und ein bisschen ausgefallener. Stellt sich heraus, die Vorstellung stimmt nicht. Rocco ist nämlich viel zu jung für so alte Kinder. Aber Platz muss er wohl trotzdem viel haben – und eine Menge Ideen und noch mehr Klemmbausteine.
» Baumeister in 1:650

Das Ideal

1927 schrieb Kurt Tucholsky ein Gedicht mit dem Titel »Das Ideal«. Komischerweise ist es auch 97 Jahre später unverändert zutreffend. Manches ändert sich halt nie. Ach, und falls du eine ländlich-mondäne Ville im Grünen mit großer Terrasse, vorn der Ostsee und hinten der Friedrichstraße sowie schöner Aussicht abzugeben hast – schreib mir.
» Etwas ist immer

Die Alpen in Mini

Der Tilt-Shift-Effekt erzeugt durch Linsenverschiebungen in Fotografie und Film den Eindruck, dass unsere Welt die Größe einer Modelleisenbahn hat. Jörg Daiber hat dieses Phänomen, kombiniert mit Zeitraffer- und Drohnenaufnahmen, genutzt, um einen Film über die vier Jahreszeiten im bayerischen Wettersteingebirge zu produzieren. Dreieinhalb Minuten Bergromantik in klitzeklein und wunderschön.
» The mountains are calling and I must go

Vergegenwärtigte Promis

Hast du schon mal vor Gemälden und Statuen von historischen Persönlichkeiten gestanden und dich gefragt, wie sie in der Gegenwart aussehen würden? Ob Mona Lisa oder Mozart, der Künstler Hidreley Diao hat, mit Hilfe von KI, große Namen nach heute transportiert. Ein amüsantes Gedankenspiel.
» Napoleon war wohl kein schöner Mann

Creepy oder cool?

Hier noch der Link für alle Spielkinder und Experimentierfreudigen: Mit Infinity AI kann man ein Porträt von sich (oder anderen) durch künstliche Intelligenz animieren und sprechen lassen. Dafür, dass die Quelle ein Foto ist, sieht das ganze ziemlich echt aus. Kann man als amüsante Unterhaltung oder als die apokalyptischen Reiter einer Deepfake-Zukunft sehen. So oder so, lohnt es sich hinzusehen.
» Mach keinen Quatsch

Damals geschrieben

#39/2023: Das Licht. Die Bäume.
#39/2022: Der Maulwurf. Das Schrumpfhirn.

Gedanke der Woche

»I welcome whatever happens next.«
John Cage

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Frage der Woche

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