Tobias Sammelsurium der Woche #26/2024

Wer letzte Nacht schlaflos war, konnte sich einem Debatten-Albtraum, im Rahmen des Kampfs ums greise Weiße Haus, hingeben. Zwei Männer, die ihrer Sinne und Körper nicht mehr Herr zu sein scheinen, beleidigten sich dort wechselseitig ob ihres Alters und ihrer Unfähigkeit. Würde es sich dabei um einen Zoff an der Essensausgabe des Altenheims in Palm Beach handeln, man würde milde lächeln. Dumm nur, dass es um das mächtigstes Amt der Welt geht.

Ortswechsel: Auf einer Affeninsel vor Puerto Rico leben Macaca mulatta, Rhesusäffchen. Die Tiere haben eine strenge soziale Hackordnung, die bis auf das äußerste verteidigt wird. Schläge, Bisse, Reißen am Fell oder Ziehen am Schwanz gehören zur Tagesordnung, beziehungsweise gehörten zur Tagesordnung.

Denn seit einem großen Hurrikan, so haben Forschende beobachtet, gehen die Tiere dort deutlich sozialer miteinander um. Jetzt könnte man vermuten, dies sei eine kurzfristige Anpassungsreaktion auf die Naturgewalt. Doch das ist nicht so. Mittlerweile sind sieben Jahre vergangen und es herrscht immer noch Liebe und Frieden unter den Affen. Gut, vielleicht sind sie auch nur lieber und friedlicher geworden, aber immerhin. Wie dem auch sei, die Primaten scheinen verstanden zu haben, was manchen Menschen noch fehlt. Wenn's schwierig ist, muss man zusammenrücken.

Die beiden Alpha-Äffchen aus Washington mit ihren Rudeln scheinen es jedenfalls noch nicht verstanden zu haben und ziehen sich nach wie vor wechselseitig an ihren zu kurz geratenen Ego-Schwänzen. Es ist also fast egal, wie die Wahl ausgeht. Am Ende siegt nur die Gerontokratie. Vielleicht würde es helfen, das Weiße Haus auf die Affeninsel zu verlegen. Von Makaken lernen heißt offensichtlich leben lernen.

Dir ein stürmisches Wochenende
T.

Post der Woche

Fünf fürs Wochenende

Hundeleben in Öl

Während Monets berühmtestes Motiv die Seerosen waren, setzt Alison Friend auf Hunde. Allerdings nicht so, wie sie einem tagtäglich auf der Straße begegnen, sondern als wären sie Menschen. Ist das jetzt eine ironische Betrachtung der Hunde oder der Menschen? Man weiß es nicht. Erstaunlich ist jedenfalls, wie lange die Tiere still Porträt gesessen haben müssen.
» Ja, fein!

Vorne und hinten mit Schmalz

Das Liebeslied ist als Kategorie menschlichen Vokalschaffens ist wahrscheinlich fast so alt wie der aufrechte Gang. Je nach eigener Verfasstheit findet man die gesanglichen Darbietungen über das schönste Gefühl der Welt zutreffend, liebreizend, kitschig oder traurig – nur egal sind sie den meisten Menschen nicht. Der Podcaster Matze Hielscher hat seine Hörer*innen jetzt um ihre Lieblingsliebeslieder gebeten und rausgekommen ist eine Spotify-Playlist mit 247 Songs aus allen Stilrichtungen.
» It had to be you

Is it even a city?

Tourismuswerbung ist schwierig. Kein Fleckchen der Erde ist perfekt, die Besucher aus aller Welt gehen den meisten Einheimischen auf den Keks und doch möchte man gerne was vom Kuchen der weltweiten Reiseströme abhaben. Dann kommt es zu Collagen pittoresker Bilder, die Lust machen sollen auf Kempten, Kuala Lumpur oder gar Karachi. In Oslo hat man einen anderen Ansatz gewählt und der ist nicht nur sehr sympathisch, sondern auch äußerst witzig. So viel sei verraten: Die norwegische Mona Lisa ist eine Enttäuschung.
» Everything is just so …

Erklär's mir!

Wir tragen heute mehr Rechenkraft in der Hosentasche mit uns rum als die gesamte Apollo 11 Mission hatte um zum Mond zu fliegen. Wofür? Für Candy Crush und YouTube. Damit unser Smartphone weiß, wann es vom Hoch- ins Querformat beim Videogucken wechseln muss hat es Technik, wie Beschleunigungssensoren, eingebaut, die einst für die Raumfahrt entwickelt wurden. Ohne Mondfahrt also keine YouTube-App. Der britische Wissenschaftsautor Chris Woodford erklärt auf seiner Website explainthatstuff über 400 Technikwunder so, dass jede*r sie verstehen kann.
» Hard stuff made simple

Kekse reparieren

Kintsugi, zu deutsch goldenes Zusammensetzen, ist die japanische Kunst, zerbrochene Keramik so zu reparieren, dass sie wieder benutzbar wird, die Reparatur allerdings ausdrücklich sichtbar bleibt. Hierzu wird die ehemalige Bruchstelle durch Gold besonders hervorgehoben. Oreo-Kekse mit ihrer weichen Füllung zwischen zwei Gebäckscheiben neigen auch dazu zu brechen, was das Tunken in Heißgetränke aller Art erschwert und von vielen Kunden als unschön empfunden wird. Was aber wäre, wenn es Kintsugi für Kekse gäbe? Oreo hat jetzt das passende Reparaturset entwickelt. Marketing at its best.
» Die Schönheit des Unperfekten

Damals geschrieben

#26/2023: Der falsche Priester. Die richtige Kirche.
#26/2022: Der Weltschmerzmist. Das Gewitter.

Gedanke der Woche

»Man darf jetzt nicht alles so schlechtreden, wie es war.«
Freddi Bobic

Bild der Woche‌‌‌‌

Frage der Woche

Wer liebt dich?

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