Tobias Sammelsurium der Woche #15/2024

Die Süddeutsche Zeitung berichtete diese Woche von einem technischen Mitarbeiter der Pinakothek der Moderne, der mit seiner Kunst berühmt werden wollte. Kurzentschlossen und unabgesprochen hing er ein eigenes Werk ins Museum. Besonders bescheiden war er dabei nicht, denn immerhin 120 x 60 cm maß sein Gemälde, dessen Sujet unbekannt blieb. Es kam wie es kommen musste, eine Sicherheitskraft bemerkte das zusätzliche Werk und schwupps wurde es wieder abgehangen.

Ähnliches hatte jemand vor kurzem schon in der Bonner Bundeskunsthalle versucht und dort mit doppelseitigem Klebeband sein Werk in eine Ausstellung geschmuggelt. Dort fiel das ganze aber erst auf, als beim Abbau der Kollektion ein Gemälde nach dem Verstauen gemäß Inventarliste immer noch an der Wand hing.

Im Freistaat Bayern sieht man den Elan des Mitarbeiters mit wenig Freude. Dieser bekam eine Anzeige wegen Sachbeschädigung und sein Arbeitsvertrag wurde, vermeintlich einvernehmlich, aufgehoben. Die Bundeskunsthalle suchte lieber per X nach der oder dem Künstler*in und versprach: »Es gibt keinen Ärger. Ehrenwort«.

Wie so oft birgt diese kleine Geschichte ein wahnsinniges Potenzial. Wieviele Künstler*innen, Spitzenköchinnen, Top-Handwerkerinnen und Wahnsinnsmusiker und wer weiß ich noch alles würden entdeckt, wenn sie ab und zu ihr Talent irgendwo reinschmuggeln könnten. Ob die Vorsuppe ins Restaurant, die elegant gelöste Herausforderung auf den Bau, das bewusstseinsverändernde Kunstwerk ins Museum, das atemberaubende Buch in die Bibliothek oder die Wahnsinnsstimme ins Konzert. Plötzlich wären sie einfach da, wo man sie gar nicht erwartet hat. Bei Erfolg gäbe es eine Wiederholung, bei lauem Zuspruch hätte man es wenigstens probiert. Das wäre doch wirklich mal Kunst. Ehrenwort.

Dir ein talentiertes Wochenende
T.

Post der Woche

Fünf fürs Wochenende

Erfolg spart nicht!

Das altgermanische Wort »spar« bedeutet etwas unversehrt lassen. Wolf Lotter hat sich in seinem Podcast Trafostation Gedanken darüber gemacht, wo die deutsche Manie zum Sparen herkommt und wie wir vielleicht klüger mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen könnten. »Es fehlt uns nicht an Geld. Vielmehr fehlt es uns an Perspektiven, an Ideen, Willen und Mut«, sagt Lotter. Hörenswerte 15 Minuten.
» Sparen? Investieren? Denken!

Die Fabrik der Zukunft

Xiaomi? Das ist doch dieser chinesische Handyhersteller, oder? Ja. Beziehungsweise war dieser chinesische Handyhersteller. Jetzt produziert die Marke auch E-Autos und hat ein Video der eigenen Hightech-Fabrik veröffentlicht. Spannend daran ist, dass es sehr ähnlich gemachte Videos schon vor Jahren von Porsche und Tesla gab. Das Video ist also eher eine Kopie. Aber: In diesem Werk sieht man keine Menschen mehr. Ich habe nur zwei Mal Hände im Video gesehen. Wenn so die Zukunft der Produktion aussieht, kenne ich viele Firmen in Deutschland, die im Vergleich wie im tiefsten Manchester-Kapitalismus aussehen.
» Alle 76 Sekunden ein Auto

Ungelöste Probleme

Gleich ist Wochenende. Sollten alle Aufgaben wie Wäsche waschen, Rasen mähen und Keller aufräumen erledigt sein und die große Langeweile einsetzen, empfehle ich einen Blick auf diese Liste ungelöster Probleme auf Wikipedia. Wem die Themen, wie mir, zu anspruchsvoll sind, kann sich nach der Lektüre auch einfach auf die Couch legen und davon träumen große Probleme zu lösen.
» Zur Stretchbank fürs Gehirn

Gestickte Universen

Mensch Dehler, jetzt hast du uns hier Links zum Sparen, der Fabrik der Zukunft und ungelösten Problemen hingeknallt, geht's auch etwas leichter? Mit ein bisschen Augenweide und Wow-Faktor? Klar. Yuliya Krishchik aus Weißrussland stickt und filzt Galaxien in kleine Holzrahmen. Das sieht so großartig aus, und fühlt sich wahrscheinlich noch großartiger an, dass man sich wünscht, Yulia würde auch große Decken sticken, unter denen man dann von Lösung ungelöster Probleme träumen könnte.
» Unendliche Weiten auf wenigen Qudratzentimetern

Beton Beauty

Kaum ein Werkstoff umgibt uns so allgegenwärtig wie Beton. Dabei ist sein Ruf nicht der beste. Den Betonbrutalismus fürchten seine Gegner, den Betonkrebs, die Bauherren von Brücken und Autobahnen. Doch die Schönheit des Betons bekommt seltener Aufmerksamkeit, als sie verdient. Dieser Fotowettbewerb zeigt, was Beton kann.
» Cool Concrete Contest

Damals geschrieben

#15/2023: Der Mann. Die Geräusche.
#15/2022: Das Tempolimit. Die pädagogische Geschwindigkeitskontrolle.

Gedanke der Woche

»Schlafen ist eine Kunst.«
Snoopy

Bild der Woche‌‌‌‌

Frage der Woche

Lebst du mit angezogener Handbremse?

1 Wochenrückblick in 1 GIF‌‌‌‌‌‌

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