Tobias Sammelsurium der Woche #09/2025
Als gestern Abend in Washington D.C. die Luft dick wurde, war ich gerade im Supermarkt. Dort waren mehr Menschen als im Oval Office und trotzdem hatten wir alle viel weniger Einfluss auf den Weltenlauf als die Macht-Proleten auf der anderen Seite des großen Teichs.
Während ich dann Gemüse schnibbelte, pushte die SZ-App zunächst erstaunliches, dann beängstigendes. Dritter Weltkrieg? Auf 'nen Freitagabend? Die spinnen doch alle.
Dieses Sammelsurium lesen auch mehr Menschen als gestern im Oval Office waren. Was tun wir Machtlosen denn jetzt? Darauf hoffen, dass die nächste Bundesregierung regelt? Schreiend im Kreis laufen? Ich befürchte das wird beides nicht funktionieren.
Vielleicht lohnt es sich für die Lösung doch in die USA zu schauen. Der Wahlspruch der Vereinigten Staaten lautet nämlich »E pluribus unum« – aus vielen das eine.
Wir sind auch viele. Nämlich viele Europäerinnen und Europäer. Wir müssen nicht ein Staat sein, um gemeinsam auftreten zu können. Unser Erfolgsprojekt heißt Europa. Ja, das Modell scheint in den letzten Jahren Kratzer bekommen zu haben. Wenn wir aber wieder daran glauben, dass es nicht nur um Gurkenkrümmungen und Lieferkettengesetzte geht, sondern um einen Verbund freier und souveräner Staaten, die basierend auf Freiheit, Demokratie und den universellen Menschenrechten in Vielfalt und Einheit zusammenleben, ja dann könnte uns Donnie und seine Chaos-Truppe doch relativ weit am Gesäß vorbeigehen.
Wer Frieden will, muss bereit sein, ihn zu verteidigen. Nicht nur durch äußere Stärke, sondern vor allem auch durch innere. Was also können die Machtlosen aus dem Supermarkt und dem Sammelsuriumverteiler tun? Vielleicht fangen wir damit an, uns vor Augen zu führen, dass wir 449,2 Millionen Menschen in der Europäischen Union sind. Das ist ganz schön viel. 449,2 Millionen Menschen, die mutig, zuversichtlich und offen bleiben können, wenn andere spinnen und bedrohen.
Wir bräuchten nur ein Zeichen, das uns verbindet. Eines, das wir an Balkonen und in Gärten zeigen könnten. Ein Symbol, das für Hoffnung und Zuversicht steht. Wie wäre es mit einer blauen Fläche und 12 goldenen Sternen? Aus dem Herzen Europas, dem Bergischen Land kommen die besten Fahnen des Kontinents: 22,61 € kostet die Europa-Hissfahne bei Fahnen Herold.
Wäre doch super, wenn die jetzt überall wie Pilze aus dem Boden schießen würden. Nicht als Abgrenzung, sondern als Einladung, auf die gute Seite der Macht zu kommen. Das sollte uns die Freiheit doch Wert sein, oder?
Dir ein blau-goldenes Wochenende!
T.
Post der Woche

Fünf fürs Wochenende
Tolle Travel Tips
Kevin Kelly ist eine Ikone des frühen Silicon Valley und Mitbegründer des Tech-Magazins Wired. Seit einigen Jahren veröffentlicht der heute 73-jährige immer wieder Lebensweisheiten und unkonventionelle Tipps. Jetzt hat er ein Best-of seiner Reisetipps, nicht Reiseziele, veröffentlicht und da ist einiges an guten Ideen dabei.
» Es muss nicht immer Pool-Urlaub sein
Wir spielen nicht mit Essen!
Wann wird aus Spiel eigentlich Kunst und ist das Spielerische nicht die unabdingbare Vorform des Künstlerischen? Darf man also mit Essen spielen, wenn daraus Kunst wird? @sibatable aus Südkorea stellt sich diese Frage nicht, sondern macht einfach. Filigran, etwas kitschig, wahrscheinlich sehr lecker und fast zu schön zum Aufessen.
» Darf Kunst schmecken?
Gnadenlos gutes Tischtennis
Gibt es etwas besseres als Profis zuzusehen? Menschen, die wissen, was sie tun und das mit großer Leidenschaft und Präzision, sind ein Geschenk. In diesem knapp zehnminütigen Video dürfen wir Tischtennisspieler, leider nur Männer, erleben, die alles für den nächsten Punkt geben, wirklich alles. Beeindruckend!
» Never give up!
Pitfall
Dieser Link ist für die Martins, Stefans, Daniel, Sebastians und Christians da draußen – also für die Jungs der 1980er und frühen 1990er Jahre. Wer da einen Atari hatte oder jemanden kannte, der einen Atari hatte, war ganz weit vorne mit dabei. Mit Pitfall kann man jetzt ein Spiel aus dieser Zeit in schönster Klötzchenoptik im Browser spielen. Mit der Leertaste wird gesprungen. Alles wie damals. Frauen dürfen natürlich auch mitspielen.
» Endlich mal wieder WASD
Tafelbild abschreiben
Heute hängen in Schulen Smartboards und Beamer, die klassische Kreidetafel ist ein Auslaufmodell. Generationen von Beschulten wurden damit gequält, Formeln von Redoxreaktionen und Tafelbilder des endoplasmatischen Retikulums in ihre Hefte zu übertragen. Nara ist Lehrerin in Japan und nutzt die grünen Tafeln etwas anders. Schon klassisch mit Kreide, aber mit Tafelbildern, die Kunst statt Qualen zeigen. Zur Abwechslung gestaltet sie auch schon mal mit Laub auf dem Schulhof. So muss Schule sein.
» Kreidezeit galore
Damals geschrieben
#09/2024: Der Welttag. Das Kompliment.
#09/2023: Der Krankheitsmarkt. Die ausgebuffte Angriffslust.
Gedanke der Woche
»Eher legt sich ein Hund einen Wurstvorrat an als eine demokratische Regierung eine Budgetreserve.«
Joseph Schumpeter
Bild der Woche

Frage der Woche
Wenn et Trömmelche jeht, stonn mer dann all parat?
Die geheime Durchhaltsache
Der Versuch 2025, statt eines großen Vorsatzes, eine kleine Sache jeden Tag zu machen.
Diese Woche: 3/7 | Insgesamt: 37/58 | Stimmung 🤨
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