Tobias Sammelsurium der Woche #07/2025

Viele Menschen besitzen Küchenmesser, deren Klingen so stumpf sind, dass man auf ihnen in eine weit entfernte Stadt reiten könnte, und dort angekommen hätte man immer noch keine zweite Gesäßfalte. So, nur etwas derber, formulierte es einst der Opa eines Freundes.

Ich hingegen fahre mit dem Auto oder der Bahn in weit entfernte Städte statt auf Messern zu reiten und gönne mir dafür den gefährlichen Luxus relativ scharfer Schneidwaren. Das ist in 99,9% der Fälle äußerst praktisch, es sei denn man führt damit Donnerstagabends unbeabsichtigt einen Präzisionsschnitt in den Daumen aus. Dieser Schnitt ist dann zwar auffallend glatt und beeindruckend tief aber leider auch sehr blutig und kompressionsfixiert äußerst unpraktisch für Tastaturarbeit. So kann man einfach schlecht ein Sammelsurium schreiben. SchließlichmachtderDaumendieLeerzeichen. Man hat's nicht leicht, aber leicht hat's einen.

Was hätte man nicht alles über diese Woche schreiben können, beispielsweise über prekäre Wohnverhältnisse: Leuchtendes Beispiel ist die bedauernswerte Familie einer Milliardärstochter und eines Kinderzahnarzts, die sich, vermutlich mit Hilfe diverser Bausparverträge, die Horbury Villa in London für zarte 39 Millionen Pfund kaufte, nur um dann festzustellen, dass das Anwesen von Motten befallen zerfressen ist. Vor Gericht bekamen sie jetzt Recht, der Kauf muss rückabgewickelt werden. Immerhin gibt es vier Millionen Pfund Schadenersatz, darunter 15.000 Pfund für zerstörte Kleidung. Der nächste Primark-Besuch ist also gesichert.

Deutlich sparsamer hingegen sind die tschechischen Biber, die ohne Auftrag, Baugenehmigung und Absperrung einfach einen Damm so errichteten, wie es durch eine Behörde bereits geplant war. 1,2 Millionen Euro spart der Staat durch diese ebenso selbstlose wie tatkräftige Hilfe der freundlichen Biberschaft. Stellt sich die Frage, ob die Nager sich auch mit Motten auskennen. Wobei seit dem Brexit wäre es wahrscheinlich schwer eine Arbeitserlaubnis für sie zu bekommen.

Ja und dann hätte man noch über die dänische Petition mit über 200.000 Unterschriften nachdenken können, die den Ankauf Kaliforniens fordert. Ein gewiefter Schachzug im Ringen um Grönland. Die mehrheitlich demokratisch wählenden Westküstenbewohner*innen hätten vielleicht gar nichts gegen Hygge plus Surfboard. Die Idee jedenfalls beweist, dass man nicht jeden Schwachsinn mitmachen muss.

Zur gleichen Zeit liest man wieder von einem Wahnsinnigen, der in Tötungsabsicht sein Auto in unschuldige Menschen fährt und einem Präsidenten, der die Ukraine-Frage lösen möchte, ohne die Ukraine zu fragen. Man sieht stammelnde und streitende Politiker*innen in Wahlsendungen und einem Vize-Präsidenten, der Brandmauern für nichtig erklärt und völlig frei sagen kann, dass es ein Problem mit der Meinungsfreiheit in Europa gäbe. Gut, dass Pistorius nichts an der Zunge hatte.

Im Nachhinein ist es also fast erfreulich, dass der Daumen am Freitag Leerzeichenpause gemacht hat. Alles passiert eben aus gutem Grund.

Dir ein scharfes Wochenende!
T.

Post der Woche

Fünf fürs Wochenende

Hömma, wie lange ist die Mutter Teresa wohl tot?

Mit der Überschrift ist das nun folgende Spiel vollständig erklärt. Fünf prominente Menschen, alle tot, werden nacheinander angezeigt. Über einen Schieberegler stellt man das vermutete Todesjahr der Person ein. Je besser man ist, desto mehr Punkte bekommt man. Beispiel-Assoziationskette: Mutter Teresa, lief doch immer mit Papst Johannes Paul II. rum, der muss so 2004/2005 gestorben sein, Wir wurden Papst, die Teresa ist vor Johannes gestorben, also mach Mal 2000 draus. Ergebnis? Sie ist 1997 gestorben. Geht doch.
» Tratschtanten mit Bunte-Abo und Geschichtsfreaks vor

Additionsekstase

Aaryan Shukla ist 14 Jahre alt und kann ganz gut rechnen. Also nicht dieses überschlägige Rechnen hinter der Supermarktkasse, wenn einem der Bon zu hoch vorkommt, sondern etwas schneller. Aaryan rechnet 100 vierstellige Zahlen in 30,9 Sekunden, ja Sekunden, zusammen. Man könnte annehmen, das hat etwas mit seinem sehr leistungsfähigen Gehirn zu tun. Wenn ich mir seine Handbewegungen angucke, könnte es aber auch sein, dass er mit den Fingern rechnet.
» 1234 + 7345 + 9876 +5529 = ?

Better safe than sorry

PIN, Passwort, Passphrase,  Zwei-Faktor-Authentifizierung, Verschlüsslung, Babing, Tamtam: All der ganze Kram, damit wir uns sicher fühlen und dann benutzen doch 10% aller Menschen dieselbe PIN. Unsere australischen Freunde von ABC News haben das Thema mal unter die Lupe genommen und erklären mit einer anschaulichen Grafik die Häufigkeitsverteilung von Zahlen in PIN-Codes. 1234 ist wie ein Kondom mit Löchern: Kann man machen, ist aber nur bedingt empfehlenswert. Auf der sicheren Seite ist übrigens, wer sich nach diesem Artikel nicht ertappt fühlt.
» 4321 ist auch nicht besser

Real-O-Mat

Noch eine Woche, dann geht's in die Wahlkabine. Wer sich noch zu den unentschiedenen Menschen in diesem Land zählt, für den gibt neben dem Wahl-O-Mat und dem Wahl-Kompass noch eine dritte Entscheidungshilfe, den Real-O-Mat. Hier liegen nicht die Wahlprogramme der Parteien zugrunde, sondern ihr tatsächliches Abstimmungsverhalten in der jetzt endenden Legislatur.
» Oh, ich wähl' mir was, wählen macht so viel Spaß

Brückentagskalkulette

Diese Woche sah ich beim Bäcker Deutschlands größtes Boulevardblatt auf der Theke liegen. Drei zusätzliche Urlaubstage wurden dort als Gewerkschaftsforderung proklamiert. Vier-Tage-Woche + 33 Urlaubstage als Standard für alle? Das muss diese spätrömische Dekadenz sein, von der Guido Westerwelle einst sprach. Als Aufreger ist das natürlich richtig guter Stoff. Ich kenne (noch) niemanden, der bei vollem Lohnausgleich nur noch vier Tage arbeitet und 33 Tage Erholungsurlaub hat. Aber ich kenne viele Menschen, die durch Brückentage gerne ihr Freizeitleben verlängern. Diese kleine Seite macht für 2025 aus 30 Urlaubstagen in NRW, 66 Tage am Stück frei. Magie!
» Willkommen im Freizeitpark Deutschland

Damals geschrieben

#07/2024:  Das fragile Männlichkeit. Die passende Regelauslegung.
#07/2023: Die Sonnenbrille. Die Lichtdurchflutung.

Gedanke der Woche

»Man muss das Leben schon anfassen, um davon berührt zu werden.«
Angela Doe

Bild der Woche‌‌‌‌

Frage der Woche

Findet die ganze Welt nicht nur in unserem Kopf statt?

Die geheime Durchhaltsache

Der Versuch 2025, statt eines großen Vorsatzes, eine kleine Sache jeden Tag zu machen. 

07.02. bis 06.02: 5/7 | Insgesamt: 29/43 | Stimmung 🙂

1 Wochenrückblick in 1 GIF‌‌‌‌‌‌

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